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Völlig neue Situation: So helfen Rituale bei der Trauerbewältigung

Autor Ulrike Kübelwirth

© AdobeStock

Geburt, Heirat, Krankheit, Sterben und Tod: All diese Ereignisse fanden früher in den eigenen vier Wänden statt. Sie waren fester Bestandteil des Familienlebens. In der heutigen Gesellschaft werden hingegen unliebsame Themen - gerade, wenn es um Verlust geht - oft verdrängt und „outgesourct“. Umso härter trifft es die meisten Menschen, wenn sie mit einem Sterbefall im näheren Umfeld konfrontiert sind. Eine der Fragen, die sich Betroffenen dann stellt, lautet: "Wie kann ich mit meiner Trauer umgehen?" Denn, wo früher eingeübte Rituale griffen und Halt gaben, herrscht heute in vielen Fällen Ratlosigkeit.

Über die Jahrhunderte hinweg haben Menschen versucht, den Tod zu begreifen. Das hat ihnen dabei geholfen, besser mit ihrer Situation als Hinterbliebene umzugehen. Was also wäre geeigneter, als sich neue Rituale zu suchen, die dabei helfen können, den belastenden Alltag zu bewältigen? Die Deutsche Friedhofsgesellschaft hat einige Gedanken zusammengetragen, die bei der Trauerarbeit wichtig sein können.

Trauerbewältigung: Umgang mit dem Verlust ist bei Hinterbliebenen individuell

Dabei muss eines klar sein: Trauer ist immer individuell. Jeder Betroffene muss seinen eigenen Weg finden, mit dem erlittenen Verlust umzugehen. Immer funktionierende Patentrezepte gibt es nicht. Entsprechende dogmatische Empfehlungen von Außenstehenden können daher kontraproduktiv sein. Und: Im Umgang mit der Trauer gibt es kein „Richtig“ oder „Falsch“.

  • Verabschiedung: Jeder sollte für sich selbst entscheiden, ob er den Verstorbenen noch einmal sehen möchte oder nicht. Will man das, kann man sich überlegen, ob man von einer Person begleitet werden will – und wer dies sein könnte. Eine Aufbahrung ist übrigens auch Zuhause möglich. Angehörige können sich also genau die Zeit nehmen, die sie brauchen.
     
  • Trauerfeier: Mit der Trauerfeier wird dem Verstorbenen die letzte Ehre erwiesen. Aber in erster Linie ist diese Veranstaltung eine Art „Anker“ für Angehörige und Freunde in ihrer Situation der Trauer und des Verlusts. Wenn ihnen das Leben der verstorbenen Person noch einmal vor Augen geführt wird, ist dies der Beginn, das Geschehene als unabdingbar zu begreifen. Die Trauerfeier selbst sollte so gestaltet werden, wie es die Hinterbliebenen für richtig halten – und wie es dem Verstorbenen entspricht.
     
  • Bestattung: Soll ich zur Beerdigung gehen? Diese Frage stellen sich viele. Doch die Bestattung ist ein wichtiges Ritual in der Trauerarbeit – mit der Beisetzung als letztem gemeinsamen Weg. Das kann ein wichtiger Baustein dafür sein, später besser loszulassen.
     
  • Leichenschmaus: Braucht es einen Leichenschmaus? In fast allen Kulturen kommt die Trauergemeinde nach der Beisetzung noch einmal zusammen. Hinterbliebenen wird damit deutlich gemacht, dass sie weiterhin Teil einer Gemeinschaft sind. Der Leichenschmaus ist auch eine gute Gelegenheit, über Vergangenes, Verbindendes und die Zukunft zu sprechen. Das gibt Rückhalt und stärkt.

Nach dem Tod geliebter Menschen: Trauertagebuch kann Trost spenden

Nach der Beisetzung und der Erledigung sämtlicher mit einem Sterbefall in Verbindung stehenden Formalitäten kommt für die Hinterbliebenen ein „neuer Alltag“ – ohne die verstorbene Person. Spätestens jetzt tun sich die Lücken auf, die der Verstorbene hinterlässt. Damit müssen Trauernde erst einmal zurechtkommen. Vielleicht hilft es ihnen in dieser Zeit, sich an Freunde oder Verwandte zu wenden, die ihnen seelisch, aber auch praktisch beistehen.

Wenn Trauernde Gefühle zulassen, weinen oder wütend sind, ist das völlig normal. Manchmal ziehen sie sich von Freunden und Bekannten zurück, möchten nicht über ihren erlittenen Verlust sprechen. Wut und Enttäuschung kommen auf. Vielleicht hilft es ihnen in dieser Phase, ein Trauertagebuch zu führen. Ebenso kann es in den ersten Wochen nach der Beisetzung wohltuend sein, die Wochenenden und Feiertage mit angenehmen Dingen zu planen, sodass sie erträglicher sind.

Umgang mit Trauer: Individuelle Rituale lindern Schmerz des Verlusts

Wer sich in seiner Trauer allein gelassen fühlt, sich selbst nicht aus der Gefühlsspirale befreien kann, tut gut daran, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Guten Rat bieten beispielsweise Selbsthilfegruppen zur Trauerbewältigung, aber auch ausgebildete Trauerbegleiter, die sich bestens in Krisenintervention und Psychotraumatologie auskennen.

Wie lange die Trauerphase andauert, hängt davon ab, wann die Hinterbliebenen dazu bereit sind, loszulassen. Eine konkrete Zeitspanne gibt es dafür nicht. Doch auch, wenn die akute Trauer überwunden ist, kehrt die Traurigkeit immer wieder einmal zurück. Die Zurückgebliebenen befinden sich dann in einer Phase, in der sie neue Lebensperspektiven suchen und finden. Hilfreich sein können eigene Rituale: Der Besuch am Grab, das mit Blumen geschmückte Foto daheim, an dem sich Zwiesprache halten lässt, oder das Einkuscheln in die geliebte, alte Strickjacke des Verstorbenen. Dies alles kann dazu beitragen, dass Hinterbliebene sich stärker sowie besser fühlen und Trost finden.

Gerade in der Phase, in der sich der Blick wieder nach vorne richtet, ist es für Hinterbliebene besonders wichtig, das zu tun, was ihnen gut tut. Und sie müssen lernen, Entscheidungen für sich zu treffen, ohne den Partner dazu befragen zu können. Das fällt vielen oft schwer. Das Sprichwort „das Leben geht weiter“ mag zwar trivial sein, aber es ist nun einmal wahr.